Guilin – in der Retrospektive

Ehrlich gesagt wäre ich mit meiner 12. Klasse lieber nach Seoul/Korea im September geflogen, aber dieser Idee wurde die Fahrt nach Guilin vorgezogen – die Schüler hatten sich irgendwie darauf eingeschossen….. der Einfluss des vorherigen Abijahrgangs hatte sich durchgesetzt. Gott sei Dank hatte ich mich im Vorfeld schon davon verabschiedet, sauer zu sein und nahm die Entscheidung der Gruppe so hin…… Und im Nachhinein war die Region eine gute Wahl; jedenfalls könnte ich mir vorstellen noch mal die wirklich beeindruckenden Reisterassen von Yangshuo zu besuchen oder die Karstriesen am Li-Fluss, rund um Guilin (Hauptstadt der Region Guangxi) erneut zu entdecken – vielleicht bei ausgedehnteren Radtouren oder beim Klettern. Auch würde die Wanderung durch die Reisterassen sich deutlich vom „Seniorenprogramm“ der Fahrt unterscheiden,…..aber die Kids waren rundum glücklich, hatten diese als ihre beste Klassenreise bezeichnet, und wir hatten auch gemeinsam wirklich nette, erwachsene Momente und Gespräche. Sogar morgens um 6h konnte ich mich mit ein Paar Jungs der Klasse zum Fotoshooting verabreden – sonst kommt der ein oder andere morgens kaum aus dem Bett bzw. kaum pünktlich in die Schule, aber Fotosafari in den Reistrassen ist natürlich auch viel spannender als mein Englischunterricht. Zwar gab es keinen glasklaren Sonnenaufgang in den Reisterassen zu sehen, doch auch die mystische Atmosphäre der wabernden Wolken durch das Tal ließen sich einfangen.

Reisetrassen...

Reiseterassen…

…und Blick ins Tal leider ohne Sonnenschein

…und Blick ins Tal leider ohne Sonnenschein

Und wirklich niemand hat sich über den Dauerregen, der uns 4 von 5 Tagen verfolgte, beschwert. In triefnassen Klamotten wurde Fahrrad gefahren, und im Regencape dem Wetter getrotzt, während wir eine wirklich hinreißende Show auf dem Li-Fluss verfolgten. Mehrere hundert Personen standen insgesamt auf dieser Naturbühne, auf der hunderte Boote mit kostümierten Chinesen eine Liebesgeschichte nachstellen. Musik und Lichteffekte, die die umgebenden Berge anleuchteten, vervollständigten das Erlebnis.

Lichtshow auf dem Li-fluss

Lichtshow auf dem Li-Fluss

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Karstberge am Li-Fluss…..kurz vor dem nächsten Regenguss 🙁

 Beeindruckt waren wir dann aber alle besonders, als wir in den Reisterassen auf die Miao-Frauen trafen, die wegen ihrer Haarpracht berühmt sind. Das pechschwarze Haar dieser zierlichen Frauen wird nur ein Mal im Leben geschnitten – am Tag ihrer Hochzeit. Der abgetrennte Haarschopf, der dann ja auch schon etwa 20 Jahre alt ist, wird aufbewahrt und später, wenn das Haar nach Jahren wieder sehr lang geworden ist, in die nachgewachsenen Haare eingeflochten. Somit misst die Haarlänge dann manchmal mehr als die Körpergröße der Frauen. Es war nun sicherlich kein Zufall, dass wir diese 3 oder 4 Frauen antrafen, wissen diese doch um die Einnahmequelle durch Touristen. Also habe ich die Frauen bezahlt, damit sie uns ihre Haare zeigten, was dann auch mit viel Stolz und ganz ohne Starallüren geschah: Die Haare waren wie zu einem Turban um den Kopf gewickelt, reichten fast bis zum Boden und wurden anschließend wieder kunstvoll auf dem Kopf hochgesteckt.

die drei Frauen zeigen ihre Haarpracht

die drei Frauen zeigen ihre Haarpracht

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kunstvolles Flechten der Haare

 

 

 

 

 

 

 

die Frisur sitzt

die Frisur sitzt

Eine weitere Begegnung in den Reisterassen blieb mir im Kopf:  Eine alte Dame, etwa 85 Jahre alt, campiert seit Jahren in einem mitleiderregenden Zelt direkt neben einer der Ausblicksplattformen. Ein- zweimal täglich läuft sie runter ins Dorf, lässt sich dort von ihrer Tochter bekochen, um dann am Abend wieder in die Terassen aufzusteigen. Dort sei sie allein mit sich und der Welt. Sie ist dort am glücklichsten, sicher auch, weil sie dort den Göttern etwas näher ist. Sie sang alte Volkslieder für uns und erzählte, wie das Dorf von den neun schlafenden Drachen und drei Löwen bewacht wird, welche sich in Gestalt der verschiedenen Bergrücken zeigen, die das Dorf umschließen. Eine Mythe, die uns jedoch sehr einleuchtend die Verbindung zur Natur zeigte, mit der die Menschen hier aufwachsen. Ich glaube, dass es in der Bergwelt der Alpen ganz ähnliche Geschichten gibt…..nur, kennen wir Stadtmenschen diese natürlich nicht. Schade eigentlich!

alter Mann auf dem Weg in den Ort - morgens um 6h

alter Mann auf dem Weg in den Ort – morgens um 6h

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Ein Kommentar zu Guilin – in der Retrospektive

  1. Carola und Gerald sagt:

    Wow 🙂 …superschöne Fotos und beeindruckender Bericht…
    Dankeschön

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